
Israels Parlament ebnet Weg für Westbank-Annexion – Palästina und Jordanien schlagen Alarm
Die israelische Knesset hat am Mittwoch mit überwältigender Mehrheit für einen Antrag gestimmt, der die Annexion des besetzten Westjordanlandes befürwortet. Mit 71 zu 13 Stimmen sprach sich das 120-köpfige Parlament für diese höchst umstrittene Resolution aus – ein Schritt, der international scharfe Kritik auslöste und die ohnehin angespannte Lage im Nahen Osten weiter verschärft.
Ein symbolischer Akt mit explosiver Wirkung
Zwar handelt es sich bei dem Beschluss formal um eine nicht bindende Erklärung ohne unmittelbare rechtliche Konsequenzen, doch die Symbolkraft dieser Abstimmung ist kaum zu unterschätzen. Die israelische Zeitung Yedioth Ahronoth bezeichnete den Vorgang als "Deklaration der Knesset" – eine Formulierung, die die wahre Sprengkraft des Vorgangs eher verschleiert als offenlegt. Denn was hier geschehen ist, gleicht einer politischen Brandstiftung in einer Region, die ohnehin schon einem Pulverfass gleicht.
Die palästinensische Führung reagierte erwartungsgemäß empört. Präsidentensprecher Nabil Abu Rudeineh verurteilte den Schritt als eklatanten Verstoß gegen internationales Recht und sämtliche UN-Resolutionen. Er betonte, dass der einzige Weg zu Frieden und Stabilität in der Etablierung eines unabhängigen palästinensischen Staates liege – eine Position, die angesichts der aktuellen Entwicklungen wie ein ferner Traum erscheint.
Jordanien warnt vor gefährlicher Eskalation
Besonders bemerkenswert ist die scharfe Reaktion Jordaniens, das traditionell als moderater Akteur in der Region gilt. Das jordanische Außenministerium verurteilte die Abstimmung "auf das Schärfste" und warnte vor einer gefährlichen Untergrabung der Zwei-Staaten-Lösung. Sprecher Sufyan Qudah verwies dabei auf das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs vom Juli letzten Jahres, das die israelische Besatzung als illegal einstufte und den Rückzug aus allen besetzten Gebieten forderte.
Diese internationale Rechtsauffassung scheint die israelische Politik jedoch wenig zu beeindrucken. Seit dem Beginn des Gaza-Krieges wurden im Westjordanland fast 1.000 Palästinenser getötet und über 7.000 verletzt – Zahlen, die das palästinensische Gesundheitsministerium vorlegte und die das Ausmaß der Gewalt verdeutlichen.
Hamas ruft zum Widerstand auf
Die militante Hamas-Bewegung nutzte die Gelegenheit, um zu einer Eskalation des Widerstands "in all seinen Formen" aufzurufen. In ihrer Stellungnahme bezeichnete die Organisation den Knesset-Beschluss als "null und nichtig" und forderte die internationale Gemeinschaft auf, der "faschistischen Politik" Israels Einhalt zu gebieten. Solche Rhetorik mag überzogen klingen, doch sie spiegelt die Verzweiflung und Wut wider, die sich in den palästinensischen Gebieten angestaut hat.
Hussein Al-Sheikh, Vizepräsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, warnte auf der Plattform X vor einem "direkten Angriff auf die Rechte des palästinensischen Volkes" und einer gefährlichen Eskalation, die die Aussichten auf Frieden und regionale Sicherheit untergrabe. Seine Forderung an die internationale Gemeinschaft, endlich zu handeln, dürfte jedoch wie so oft ungehört verhallen.
Die historische Dimension des Konflikts
Israel besetzt das Westjordanland seit dem Sechstagekrieg von 1967 – eine Tatsache, die für viele Palästinenser den Kern des Konflikts darstellt. Die systematische Ausweitung israelischer Siedlungen in diesem Gebiet hat über die Jahrzehnte Fakten geschaffen, die eine Zwei-Staaten-Lösung zunehmend unrealistisch erscheinen lassen. Der jetzige Knesset-Beschluss könnte als Vorbote einer formellen Annexion interpretiert werden – ein Schritt, der das endgültige Aus für palästinensische Staatsambitionen bedeuten würde.
Die internationale Gemeinschaft steht diesem Treiben weitgehend machtlos gegenüber. Während europäische Politiker routinemäßig ihre Besorgnis äußern und die USA als traditioneller Verbündeter Israels zwischen diplomatischen Floskeln lavieren, schafft Israel vor Ort Tatsachen. Die deutsche Bundesregierung, die sich gerne als Vermittler im Nahost-Konflikt präsentiert, bleibt auffällig zurückhaltend – ein Verhalten, das angesichts der historischen Verantwortung Deutschlands zwar nachvollziehbar, aber wenig hilfreich ist.
Ein Pulverfass kurz vor der Explosion?
Die Abstimmung in der Knesset mag formal nicht bindend sein, doch sie sendet ein unmissverständliches Signal: Israel ist entschlossen, seinen Griff auf das Westjordanland zu festigen, koste es, was es wolle. Diese Politik der Stärke mag kurzfristig innenpolitische Erfolge bringen, langfristig jedoch treibt sie die Region immer tiefer in eine Spirale der Gewalt.
Die Reaktionen aus Palästina und Jordanien zeigen, dass die arabische Welt diese Entwicklung nicht tatenlos hinnehmen wird. Ob dies zu einer neuen Intifada führt oder ob die internationale Gemeinschaft endlich aus ihrer Lethargie erwacht, bleibt abzuwarten. Sicher ist nur: Der Nahost-Konflikt hat mit dieser Abstimmung eine neue, gefährliche Dimension erreicht.
"Der einzige Weg zu Frieden und Stabilität liegt in der Etablierung eines unabhängigen palästinensischen Staates" – diese Worte des palästinensischen Präsidentensprechers klingen angesichts der aktuellen Entwicklungen wie ein Echo aus einer vergangenen Zeit, in der Hoffnung auf eine friedliche Lösung noch möglich schien.
Die kommenden Wochen und Monate werden zeigen, ob dieser symbolische Akt der Knesset der Auftakt zu einer formellen Annexion ist oder ob internationaler Druck Israel noch zur Umkehr bewegen kann. Die Chancen dafür stehen allerdings denkbar schlecht – zu sehr hat sich die israelische Politik in den letzten Jahren radikalisiert, zu schwach ist der internationale Widerstand gegen diese Entwicklung.
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