
Kant als Ghostwriter? Der Skandal um Kulturstaatsminister Weimer weitet sich aus
Was würde wohl Immanuel Kant dazu sagen, wenn er wüsste, dass er posthum zum „Autor" auf einer modernen Medienplattform erklärt wurde? Der große Königsberger Philosoph, der sich zeitlebens vehement für das Urheberrecht einsetzte, dürfte sich im Grabe umdrehen. Doch genau das ist geschehen: Kulturstaatsminister Wolfram Weimer führte auf seiner Plattform „The European" tatsächlich den 1804 verstorbenen Denker als aktiven Autoren.
Die Ironie könnte kaum beißender sein. Ausgerechnet Weimer, der nun in einem Gastbeitrag dazu aufruft, „mehr Kant zu wagen", um Deutschland aus seiner Identitätskrise zu führen, scheint die Schriften des Philosophen selbst nicht allzu genau studiert zu haben. Hätte er dies getan, wäre ihm Kants Aufsatz „Von der Unrechtmäßigkeit des Büchernachdrucks" begegnet – eine flammende Verteidigung des geistigen Eigentums.
Ein Minister, der das Urheberrecht mit Füßen tritt
Kant argumentierte seinerzeit, dass ein Buch mehr sei als eine bloße Ware. Es stelle eine persönliche Mitteilung des Autors dar, die in dessen Namen erfolge. Wer sich anmaße, im Namen eines anderen ohne dessen Vollmacht aufzutreten, handle „unerlaubter Weise" und habe keinerlei Anspruch auf daraus entstehende Vorteile. Diese klaren Worte des Aufklärers scheinen bei Weimer auf taube Ohren gestoßen zu sein.
Der Skandal um „The European" zieht immer weitere Kreise. Nicht nur Kant wurde unfreiwillig zum Mitarbeiter gemacht – auch AfD-Chefin Alice Weidel fand sich plötzlich als „Autorin" auf der Plattform wieder, ohne jemals ihre Zustimmung gegeben zu haben. Sie hat mittlerweile rechtliche Schritte eingeleitet und die Weimer Media Group abmahnen lassen. Ein Kulturstaatsminister, der offenbar systematisch fremde Texte, Reden und Buchauszüge ohne Erlaubnis veröffentlicht – teils sogar unter falschen Namen. Ist das die neue Kulturpolitik der Großen Koalition?
Öffentliche Gelder für fragwürdige Geschäftspraktiken?
Besonders brisant wird die Affäre durch die Verflechtung von Amt und Geschäft. Nach Recherchen ist Weimer weiterhin hälftiger Eigentümer der Weimer Media Group – entgegen den öffentlichen Behauptungen der Bundesregierung. Gleichzeitig erhielt sein Unternehmen Fördermittel für mehrere hochkarätige Veranstaltungen, darunter den „Ludwig-Erhard-Gipfel" und den „Frankfurt Finance & Future Summit". Steuergeld für einen Minister, der es mit dem geistigen Eigentum anderer nicht so genau nimmt?
Die Dreistigkeit, mit der hier vorgegangen wurde, spottet jeder Beschreibung. Da fordert ein Kulturstaatsminister mehr Kant – und tritt gleichzeitig dessen fundamentale Prinzipien mit Füßen. Da predigt jemand deutsche Identität und Werte – und bedient sich schamlos bei den geistigen Leistungen anderer. Ist das die moralische Verfassung unserer politischen Elite?
Ein Symptom des Verfalls
Der Fall Weimer ist symptomatisch für den Zustand unserer politischen Klasse. Während man dem Bürger ständig Moral und Anstand predigt, während man von Integrität und Verantwortung schwadroniert, bedient man sich hemmungslos aus fremden Quellen. Die Doppelmoral könnte kaum offensichtlicher sein.
Was würde Kant zu alldem sagen? Der Philosoph, der den kategorischen Imperativ formulierte – „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde" – würde wohl vernichtend urteilen. Stellen wir uns vor, jeder würde so handeln wie Weimer: Texte klauen, Autoren erfinden, sich mit fremden Federn schmücken. Die Folge wäre das Ende jeder seriösen Publikationskultur.
Die Große Koalition unter Friedrich Merz hatte versprochen, für einen Neuanfang zu stehen. Doch wenn solche Figuren wie Weimer weiterhin in Amt und Würden bleiben, wenn Plagiate und Urheberrechtsverletzungen folgenlos bleiben, dann ist das nichts als heiße Luft. Ein Kulturstaatsminister, der die Kultur des geistigen Eigentums mit Füßen tritt – das ist der Offenbarungseid einer Regierung, die moralisch bereits bankrott ist.
„Die Weißen enthalten in sich den Keim aller Anlagen zu Vollkommenheit. Die Neger sind weit unter ihnen und ein Teil der Völker Amerikas steht noch tiefer."
Übrigens: Hätte Weimer sich tatsächlich mit Kant beschäftigt, wäre ihm auch aufgefallen, dass der Philosoph durchaus Aussagen tätigte, die heute höchst problematisch wären. Das obige Zitat stammt tatsächlich von Kant – ein weiterer Beweis dafür, dass Weimer offenbar keine Ahnung hat, wen er da als „Autor" führt.
Es bleibt zu hoffen, dass dieser Skandal Konsequenzen hat. Ein Kulturstaatsminister, der das Urheberrecht verletzt, ist untragbar. Ein Politiker, der öffentliche Gelder für fragwürdige Geschäftspraktiken nutzt, gehört nicht ins Amt. Und eine Regierung, die solches Verhalten duldet, hat jede Glaubwürdigkeit verspielt. Deutschland braucht keine Politiker, die „mehr Kant wagen" – es braucht Politiker, die sich an grundlegende ethische Standards halten. Aber davon scheinen wir weiter entfernt denn je.

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