
Chinas neue Seidenstraße: Wie Peking mit Schulden und Sicherheitsgarantien die Kontrolle über Zentralasien übernimmt
Die alten Karawanenwege Zentralasiens erleben eine Renaissance – allerdings unter völlig anderen Vorzeichen als zu Zeiten Marco Polos. Wo einst Kamele und Maultiere Seide, Gewürze und Edelsteine transportierten, verlegt Peking heute Glasfaserkabel und Gaspipelines. Die "Belt and Road Initiative" (BRI) sei nichts anderes als die Wiederbelebung imperialer Handelsrouten, nur dass statt Tribut nun Schuldenberge die Währung der Macht seien.
Vom Tribut zur Schuldenfalle
Seit über 2.000 Jahren dienten die Binnenstaaten Asiens als Durchgangsstationen für fremde Ambitionen. Kasachstan, Tadschikistan, Pakistan und Afghanistan waren niemals nur Kulisse der Seidenstraße – sie waren Zollstationen, an denen Dynastien durch Handelsabgaben reich wurden oder unter fremden Forderungen zusammenbrachen. Ein Muster, das sich heute in moderner Form wiederholt.
Die chinesische Führung kennt diese Geschichte nur zu gut. Schon die alten Kaiserhöfe nannten die zentralasiatischen Handelsadern "Xiyu" – die "Westlichen Regionen" – und entsandten Gesandte, Händler und Soldaten, um sie zu sichern. Jahrhunderte später würde Kublai Khans Reich über weite Teile dieses Gebiets herrschen und eine Ordnung durchsetzen, die auf Tribut und Schutz der Handelsrouten basierte.
Die neue Seidenstraße als Schuldenfalle
Doch wo Khans Herrschaft Struktur und Berechenbarkeit bot, setzt das kommunistische China auf Intransparenz, Schuldenhebel und eine Sicherheitspräsenz, die oft ohne lokale Zustimmung auskommt. Statt Seide und Lackwaren bietet die Volksrepublik heute konzessionäre Kredite, schlüsselfertige Infrastruktur und die Unsicherheit, die mit eingebetteten Sicherheitsstrukturen einhergeht.
"Instabilität ist für Peking kein Hindernis – sie ist eine Rechtfertigung für Präsenz."
Es sei kein Zufall, dass Chinas Außenminister Wang Yi im August Islamabad und Kabul wie Perlen auf einer Schnur aneinanderreihte: ein landgestütztes Echo von Chinas "Perlenketten-Strategie" im Indischen Ozean, wo Hafeninvestitionen und Marinestützpunkte eine maritime Einflusskette bilden.
CPEC 2.0: Entwicklung mit Haken
In Islamabad verkündete Wang gemeinsam mit dem pakistanischen Außenminister Ishaq Dar die nächste Phase des China-Pakistan Economic Corridor (CPEC), dem über 60 Milliarden Dollar schweren Flaggschiff der Belt and Road Initiative. Offizielle Verlautbarungen betonten die Ausweitung von Handel, Landwirtschaft und Hightech-Parks.
Weniger sichtbar, aber ebenso bindend seien die Bestimmungen zur Sicherung chinesischer Projekte und Mitarbeiter – eine dringend benötigte Verpflichtung zur Eindämmung militanter Angriffe auf CPEC-Anlagen. Die Ankündigung erfolgte inmitten von Rekordzahlen bei Belt-and-Road-Investitionen, wobei Peking 124 Milliarden Dollar in einem regelrechten "Kaufrausch" investierte, der auf Engpässe bei der Energiewende abzielt – Lithium, Seltene Erden, Wasserstoff – um langfristige Ressourcenhebel gegenüber Partnerländern zu konsolidieren.
Strukturelle Schwächen werden sichtbar
Der kürzliche Einsturz einer Eisenbahnbrücke in Qinghai warf jedoch einen Schatten auf die glänzende Fassade der BRI und offenbarte die strukturelle Fragilität und die Geschwindigkeit-vor-Sicherheit-Kompromisse, die Chinas Projektabwicklungsmodell verfolgen.
Tage später befand sich die chinesische Delegation in Kabul, in der Hoffnung, CPEC nach Norden in Afghanistan auszudehnen. Die Taliban, verzweifelt nach Einnahmen und Anerkennung suchend, hätten Offenheit für den Deal signalisiert. Für Peking sei die Kalkulation kälter: Die Etablierung des Kabul-Durchgangs kaufe eine potenzielle Transitroute nach Zentralasien, einen Fuß in Afghanistans Mineralsektor und – am sensibelsten – einen Kanal für direkten Einfluss entlang des schmalen Wakhan-Korridors, der Chinas Xinjiang-Region berührt.
Sicherheit als Währung der Macht
Ende 2021 ging Peking über höfliche Bitten hinaus und wandte sich der transaktionalen Nötigung zu. Chinesische Diplomaten in Kabul drängten Innenminister Sirajuddin Haqqani, uigurische Militante der Turkistan Islamic Movement (ETIM) aufzuspüren und auszuliefern, die sie als direkte Bedrohung für den Griff des chinesischen Regimes auf Xinjiang brandmarkten.
Die Botschaft sei unmissverständlich gewesen: Kooperation würde Infrastrukturgelder und politische Anerkennung bringen; Verweigerung würde in beiden Bereichen kostspielig sein. Fast parallel wurde Haqqani in die Vermittlung zwischen Islamabad und der Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) hineingezogen, um Angriffe auf CPEC-Anlagen einzudämmen – eine Rolle, die teilweise durch Pekings Drängen geprägt wurde, den Korridor nach Afghanistan auszudehnen.
In jedem Fall zwinge Peking eine Nachbarregierung, das zu tun, was es nicht einseitig tun könne – nichtstaatliche Akteure zu unterdrücken, die die Autorität der Kommunistischen Partei Chinas herausfordern, indem es diese Niederschlagungen mit dem Fluss chinesischen Kapitals verknüpft.
Die methodische Verschärfung des Gürtels
Für einen zufälligen Beobachter mögen diese Schritte wie opportunistische Entwicklungsdiplomatie aussehen. In einem strategischen Kontext seien sie jedoch etwas anderes: die methodische Verschärfung eines Gürtels, der ebenso sehr Sicherheitskorridore wie kommerzielle betrifft. Pakistans fiskalische Fragilität und Afghanistans diplomatische Isolation schaffen eine Öffnung, die keine andere Großmacht bereit und in der Lage sei auszunutzen.
Von den Terrassen von Taxila bis zu den Basaren von Herat biete die alte Seidenstraße Belohnungen für diejenigen, die Waren, Menschen und Ideen sicher durch sie hindurch bewegen können. Die Gefahr, wie die Geschichte ebenfalls zeige, bestehe darin, wenn der Hüter dieses Durchgangs entscheidet, dass "Sicherheit" zuerst seinem eigenen Imperium dienen müsse.
Die neue Seidenstraße mag mit Versprechungen von Wohlstand und Entwicklung locken. Doch für die Länder entlang ihrer Route könnte der Preis höher sein als erwartet: nicht nur finanzielle Abhängigkeit, sondern auch der Verlust politischer Souveränität unter dem Deckmantel wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Ein Muster, das sich seit Jahrtausenden wiederholt – nur die Akteure und ihre Methoden haben sich geändert.
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