
Dreifach kassieren: Wie ARD-Moderatorin Kailouli gleichzeitig für ÖRR und Bundesregierung arbeitet
Die Verflechtungen zwischen öffentlich-rechtlichem Rundfunk und Politik erreichen neue Dimensionen. Während ARD-Chefredakteur Marcus Bornheim gebetsmühlenartig die "Staatsferne" des ÖRR beteuert, offenbart der Fall der Moderatorin Nadia Kailouli ein System, das diese Behauptung ad absurdum führt. Die Journalistin moderiert nicht nur das renommierte ARD-Magazin "Report Mainz", sondern kassiert gleichzeitig von der Bundesregierung – und obendrein noch als Professorin ohne Hochschulabschluss.
Die bequeme Wahrheit des Chefredakteurs
Es war ein bemerkenswerter Auftritt, den Marcus Bornheim, Erster Chefredakteur von ARD-aktuell, kürzlich auf dem YouTube-Kanal der "Tagesschau" hinlegte. "Die Politik darf hier überhaupt nicht mitreden", verkündete er selbstbewusst. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei "staatsfern organisiert". Man lasse sich von "niemanden reinreden". Dass die Kommentarspalte unter dem Video vorsichtshalber deaktiviert wurde, spricht Bände über das Dialogverständnis der Anstalt.
Theoretisch mag Bornheim recht haben. Das Bundeskanzleramt ruft morgens nicht an und diktiert die Themen. Praktisch jedoch sieht die Realität völlig anders aus. Kein Intendant im ÖRR wurde jemals ohne den Segen der regierenden Parteien in den Bundesländern des jeweiligen Sendegebietes ernannt. Einige waren vorher sogar selbst Sprecher der Bundesregierung – wie Ulrich Wilhelm beim BR und Ulrike Demmer beim RBB.
Die Drehtür zwischen Redaktion und Regierungsbank
Die personellen Verflechtungen zwischen ÖRR und Politik sind erschreckend. Derzeit arbeiten gleich drei Ministeriumssprecher als ehemalige Redakteure des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Und darauf ist man offenbar sogar stolz, wie ein kürzlich entstandenes Foto von Aline Abboud und Sarah Frühauf zeigt. Die beiden posieren lächelnd zusammen, darunter der Kommentar: "Früher gemeinsame TV-Schalten. Jetzt gemeinsame Regierungspressekonferenzen."
Beim ZDF-Fernsehrat liegt die Politikerdichte bei über 50 Prozent. Bereits vor elf Jahren sah sich das Bundesverfassungsgericht zu einer Klarstellung veranlasst: Die Staatsferne werde bei dieser Dichte der politischen Kaste kaum gewährleistet, sie sollte auf ein Drittel der Mitglieder begrenzt werden. Passiert ist seither – praktisch nichts.
Der Fall Kailouli: Gebührenzahler und Steuerzahler gleichzeitig zur Kasse gebeten
Besonders brisant ist der Fall Nadia Kailouli. Schon vor zwei Jahren wurde sie dafür kritisiert, einerseits als Reporterin für ÖRR-Formate wie "Panorama" und "STRG_F" zu arbeiten sowie das "Mittagsmagazin" der ARD zu moderieren, andererseits aber auch durch den Bürgerdialog zum Tag der offenen Tür der Bundesregierung mit dem damaligen Kanzler Olaf Scholz zu führen.
Konsequenzen? Fehlanzeige. Im Gegenteil: Kailouli wurde sogar zur Moderatorin des ARD-Magazins "Report aus Mainz" befördert. Gleichzeitig arbeitet sie weiterhin für die Bundesregierung. Seit zwei Jahren moderiert sie den Podcast "Einbiszwei", der von der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung betrieben wird. Die bisherigen 70 Folgen haben den Steuerzahler stolze 608.000 Euro gekostet. Wie viel davon an die Moderatorin geflossen ist, will das Ministerium "aus Datenschutzgründen" nicht verraten.
Professorin ohne Abitur
Als wäre das nicht genug, hat Kailouli noch ein drittes Standbein. Sie wurde 2022 zur Professorin der Hochschule für Fernsehen berufen – und das, obwohl sie weder Abitur noch ein abgeschlossenes Studium vorweisen kann. Die Hochschule wird aus Mitteln des Freistaates Bayern mit Steuergeldern finanziert. Kailloulis W-Professur zu 50 Prozent bringt ihr zwischen 35.000 und 55.000 Euro im Jahr ein.
"Für mich ist der Eindruck beim Publikum entscheidend. Gerade weil der ÖRR so in der Kritik steht, bedeutet eine verantwortungsvolle Berufsausübung, diesen Kontext zu kennen und sein Verhalten danach auszurichten."
So formuliert es Volker Lilienthal, Professor für Qualitätsjournalismus an der Universität Hamburg. Er spricht von einer "Distanznorm", die einzuhalten sei, da der Journalist sonst seine "Wächterfunktion nicht wahrnehmen" könne.
Ein System mit Tradition
Kailouli steht dabei keineswegs allein. Sie hat lediglich getan, was Klaus Kleber, Linda Zervakis, Petra Gerster, Peter Hahne, Tom Buhrow, Johannes B. Kerner und Anja Kohl ihr vorgemacht haben: Geld sowohl von der Regierung als auch vom Gebührenzahler zu nehmen. Die Bundesregierung erklärte auf eine Anfrage der AfD, Journalisten des ÖRR zwischen 2018 und 2022 für Veranstaltungen der Regierung 875.000 Euro an Honorar gezahlt zu haben.
Judith Rakers moderierte sogar die Verleihung des Deutschen Umweltpreises und las am selben Tag die Meldung dazu in der "Tagesschau" um 20 Uhr vor. Von journalistischer Distanz kann hier wohl kaum noch die Rede sein.
Die Wagenburg-Mentalität des ÖRR
Selbst langjährige Unterstützer des öffentlich-rechtlichen Systems zeigen sich mittlerweile fassungslos. Jule und Sascha Lobo, die lange für öffentlich-rechtliche Sender gearbeitet haben, erklären in ihrem Podcast "Feel the News", mittlerweile Gegner der ARD zu sein. Viele Redakteure würden sich dort als "das Korrektiv der Gesellschaft" verstehen und hätten eine "moralische Perspektive auf die Welt". Es sei eine "eigene Form von: Wir sind richtig, wir sind auf einer Mission." Viele Redakteure der ARD seien "ideologisch verbohrt" und "null gesprächsbereit".
Das Vertrauen erodiert – aus gutem Grund
Die Zahlen zum Vertrauen in den ÖRR schwanken je nach Auftraggeber der Studie erheblich. Während eine vom WDR bei dimap in Auftrag gegebene Studie 77 Prozent Vertrauen ins Radio und 71 Prozent ins Fernsehen des ÖRR ermittelt, kommt das private Schweizer Unternehmen Media Tenor International auf lediglich 31 Prozent. Fakt ist: Das Vertrauen erodiert – und Fälle wie der von Nadia Kailouli zeigen, warum.
Die fehlende Abgrenzung zur Politik ist kein Versehen, sondern System. Solange Journalisten ungestraft zwischen Redaktionsstuhl und Regierungsbank wechseln können, solange Moderatoren gleichzeitig von Gebührenzahlern und Steuerzahlern alimentiert werden, solange bleibt die viel beschworene "Staatsferne" des ÖRR nichts weiter als eine fromme Legende.

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