
EU plant Flucht aus der WTO-Sackgasse: Neues Handelsbündnis als Rettungsanker?
Die Welthandelsorganisation WTO gleicht einem zahnlosen Tiger – und die EU-Kommission zieht endlich die Konsequenzen. Während die mächtigste Handelsorganisation der Welt seit Jahren in einer selbstverschuldeten Lähmung verharrt, richtet Brüssel seinen Blick gen Pazifik. Das dort ansässige Handelsbündnis CPTPP könnte zur rettenden Alternative werden – oder zumindest zu einem Hebel, um die festgefahrenen Strukturen der WTO aufzubrechen.
Die WTO-Misere: Wenn 166 Staaten sich selbst blockieren
Es klingt paradox: 166 Mitgliedsstaaten, die zusammen fast 98 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts repräsentieren, schaffen es nicht mehr, ihre eigenen Handelsstreitigkeiten zu klären. Das Berufungsgremium der WTO, einst das Herzstück der internationalen Handelsgerichtsbarkeit, liegt seit 2019 brach. Der Grund? Die USA verweigern schlichtweg die Entsendung von Richtern.
Was viele nicht wissen: Diese Blockadehaltung begann nicht erst unter Donald Trump. Bereits Barack Obama legte den Grundstein für die heutige Misere, indem er einzelne Nachbesetzungen verhinderte. Trump machte dann kurzen Prozess und erklärte unverblümt: "Jetzt reicht es, wir blockieren jetzt die Streitschlichtung." Eine bemerkenswert ehrliche Ansage, die das regelbasierte Welthandelssystem in seinen Grundfesten erschütterte.
China als Elefant im Porzellanladen
Hinter der amerikanischen Blockadehaltung steckt mehr als nur trumpscher Protektionismus. China bewegt sich mit seinem Staatskapitalismus und massiven Subventionen in einer rechtlichen Grauzone – oder schlichtweg außerhalb der WTO-Regeln. Doch die Organisation erweist sich als zu schwerfällig, um dem Reich der Mitte wirksam Grenzen zu setzen. Wettbewerbsverfahren ziehen sich über Jahre hin, während chinesische Unternehmen munter weiter den Weltmarkt mit staatlich subventionierten Produkten fluten.
"Die USA spielen eine zentrale Rolle bei der Blockade", konstatiert Claudia Schmucker von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik nüchtern. Eine diplomatische Untertreibung angesichts der Tatsache, dass Washington das gesamte System als Geisel genommen hat.
CPTPP: Der pazifische Rettungsring
In dieser verfahrenen Situation präsentiert EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nun ihre Lösung: Das Handelsbündnis CPTPP, dem bereits zwölf Staaten angehören – von Australien über Japan bis zum Vereinigten Königreich. Die Abkürzung mag sperrig klingen, doch dahinter verbirgt sich ein wirtschaftliches Schwergewicht. Die Mitgliedsstaaten vereinen ein Bruttoinlandsprodukt, das dem der EU entspricht.
Bundeskanzler Friedrich Merz ging sogar so weit, von einer "neuen Art von Handelsorganisation" zu sprechen, die die WTO schrittweise ersetzen könne. EU-Beamte ruderten zwar hastig zurück – man wolle die WTO nicht ersetzen, sondern nur ihre Schwierigkeiten überwinden. Doch zwischen den Zeilen ist die Botschaft klar: Die Geduld mit dem alten System ist am Ende.
Die Vorteile liegen auf der Hand
Das CPTPP bietet, was die WTO nicht mehr leisten kann: Eine funktionierende Plattform für gleichgesinnte Staaten. "Es ist eine Koalition der Willigen", bringt es Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft auf den Punkt. Während in der WTO das Konsensprinzip jeden Fortschritt blockiert, könnten im kleineren Kreis endlich wieder Nägel mit Köpfen gemacht werden.
Besonders pikant: Mit Mexiko und Kanada sind zwei nordamerikanische Staaten dabei – ausgerechnet jene Länder, die Trump mit seinen 25-Prozent-Zöllen überzieht. Ein geschickter Schachzug der EU, sich über diese Hintertür Zugang zu wichtigen Märkten zu verschaffen.
Die Ironie der Geschichte
Warum die EU so lange gezögert hat? Die Antwort ist an Ironie kaum zu überbieten: Ausgerechnet die USA hatten unter Obama den Vorläufer des CPTPP federführend verhandelt und ihre Standards durchgedrückt. Dann kam Trump und zog sich aus dem Abkommen zurück – nur damit die verbliebenen Staaten es ohne Washington weiterführten. Jetzt will die EU einsteigen, während die USA außen vor bleiben.
Die Experten mahnen zur Vorsicht: Das CPTPP solle die WTO ergänzen, nicht ersetzen. Doch diese frommen Wünsche klingen angesichts der Realität reichlich naiv. Wenn das wichtigste Organ der WTO seit Jahren blockiert ist und keine Besserung in Sicht ist, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis die "Ergänzung" zur Hauptsache wird.
Ein Neuanfang mit Hindernissen
Die EU steht vor einer historischen Weichenstellung. Soll sie weiter auf eine Reform der WTO hoffen – ein Unterfangen, das angesichts der amerikanischen Blockadehaltung und chinesischer Tricksereien aussichtslos erscheint? Oder wagt sie den Sprung ins CPTPP und gestaltet dort neue Regeln für nachhaltigen Handel, digitale Märkte und faire Lieferketten?
Die Antwort scheint klar: Lieber mit zwölf willigen Partnern vorangehen als mit 166 Bremsern auf der Stelle treten. Die WTO mag auf dem Papier die wichtigste Handelsorganisation der Welt sein – in der Praxis ist sie nur noch ein Schatten ihrer selbst. Zeit für die EU, neue Wege zu gehen, bevor der Welthandel vollends im Chaos versinkt.
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