
Klöckner greift zum Hörer: Wenn die Bundestagspräsidentin ihre Kritiker persönlich anruft
Die amtierende Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) sorgte gestern Abend bei Markus Lanz für Verwunderung. Ihre ungewöhnliche Methode im Umgang mit Online-Pöblern: Sie greift zum Telefon und konfrontiert ihre Kritiker direkt. Ein Vorgehen, das Fragen über die Grenzen zwischen Amt und Person aufwirft.
Direkter Draht zu den Bürgern – oder Grenzüberschreitung?
„Ich rufe die Leute einfach an", erklärte Klöckner in der ZDF-Talkshow mit einer Selbstverständlichkeit, die selbst den erfahrenen Moderator Lanz sichtlich irritierte. Auf längeren Autofahrten, wenn sie „richtig gut drauf" sei und Zeit habe, würde sie die Telefonnummern ihrer schärfsten Kritiker heraussuchen und diese kontaktieren. Eine Vorgehensweise, die man eher von besorgten Eltern als von der zweithöchsten Repräsentantin unseres Staates erwarten würde.
Besonders pikant wird Klöckners Rechtfertigung, wenn sie fragt: „Wollen Sie auch, dass ihre Kinder solche Worte gebrauchen?" Man könnte meinen, die Bundestagspräsidentin verwechsle ihr Amt mit einer Erziehungsanstalt. Während sie einerseits auf strikte Neutralität pocht, wenn es um das Hissen der Regenbogenflagge am Reichstag geht, scheint sie andererseits kein Problem damit zu haben, Bürger persönlich zu maßregeln.
Die Doppelmoral der Neutralität
Klöckners Amtsverständnis offenbart eine bemerkenswerte Flexibilität. Während sie das Zeigen von Pride-Symbolen am Parlament mit dem Verweis auf das Neutralitätsgebot untersagt – „Wir sind kein Parlament der Symbole" –, sieht sie kein Problem darin, auf einem CDU-Sommerfest aufzutreten, das von einem Förderer des rechtspopulistischen Portals Nius ausgerichtet wurde.
„Soll ich mir von Linken, von Grünen vorschreiben lassen, wo ich auftreten darf? Bei meiner CDU?"
Diese trotzige Reaktion auf berechtigte Kritik zeigt, dass Klöckner offenbar zwei verschiedene Maßstäbe anlegt. Als Bundestagspräsidentin pocht sie auf strikte Neutralität, als CDU-Politikerin nimmt sie sich alle Freiheiten heraus. Ein Spagat, der die Glaubwürdigkeit des Amtes beschädigt.
Die „digitalen Medien" als Feindbild
Aufschlussreich ist auch Klöckners Wortwahl: Sie spricht bewusst nicht von „sozialen Medien", sondern von „digitalen Medien". Eine semantische Spitzfindigkeit, die ihre Distanz zur modernen Kommunikationskultur unterstreicht. Gleichzeitig nutzt sie aber genau diese Plattformen, um ihre Kritiker ausfindig zu machen und dann telefonisch zur Rede zu stellen.
Die Bundestagspräsidentin beklagt „gewisse Blasen", in denen differenziertes Argumentieren kaum noch möglich sei. Doch stellt sich die Frage: Trägt nicht gerade ihr Verhalten dazu bei, die Gräben zu vertiefen? Wenn die zweithöchste Repräsentantin des Staates Bürger anruft, um sie wegen ihrer Wortwahl zu belehren, ist das kein Dialog auf Augenhöhe, sondern ein Machtgefälle, das einschüchtert.
Ein gefährlicher Präzedenzfall
Was Klöckner als persönliche Note verkauft, ist in Wahrheit ein bedenklicher Umgang mit der Macht ihres Amtes. Auch wenn sie betont, dies als Privatperson zu tun – wer glaubt schon, dass die Angerufenen den Unterschied zwischen Julia Klöckner, der CDU-Politikerin, und Julia Klöckner, der Bundestagspräsidentin, machen?
In Zeiten, in denen das Vertrauen in demokratische Institutionen ohnehin schwindet, sendet Klöckners Verhalten ein fatales Signal. Statt Bürgernähe zu demonstrieren, erweckt sie den Eindruck einer abgehobenen Politikerin, die ihre Position nutzt, um Kritiker mundtot zu machen. Ein Stil, der eher an autoritäre Systeme erinnert als an eine lebendige Demokratie.
Die neue Große Koalition unter Friedrich Merz täte gut daran, solche Eskapaden ihrer Amtsträger kritisch zu hinterfragen. Deutschland braucht Politiker, die dem Volk dienen – nicht solche, die es belehren wollen.
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