
Polen drängt auf schnelle NS-Opfer-Entschädigung: Tusk mahnt Merz zur Eile
Die deutsch-polnischen Beziehungen stehen erneut im Zeichen historischer Altlasten. Bei den jüngsten Regierungskonsultationen in Berlin forderte Polens Ministerpräsident Donald Tusk die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz eindringlich auf, die Entschädigung der noch lebenden NS-Opfer zügig umzusetzen. „Beeilt euch, wenn ihr wirklich diese Geste machen wollt", mahnte Tusk bei der gemeinsamen Pressekonferenz – ein Appell, der angesichts der dramatischen Zahlen durchaus berechtigt erscheint.
Zeit läuft davon: Täglich sterben über 20 Überlebende
Die Dringlichkeit von Tusks Forderung wird durch erschreckende Statistiken untermauert. Als der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz im Juli 2024 erstmals Unterstützung zusagte, lebten nach Angaben der Stiftung für deutsch-polnische Aussöhnung noch etwa 60.000 Überlebende der NS-Verbrechen in Polen. Heute, nur eineinhalb Jahre später, sind es nur noch rund 50.000. Das bedeutet: Jeden Tag sterben mehr als 20 dieser hochbetagten Menschen, ohne jemals eine Entschädigung erhalten zu haben.
Diese Entwicklung wirft ein bezeichnendes Licht auf die deutsche Politik der vergangenen Jahre. Während man sich in endlosen Debatten über Gendersternchen und Klimaneutralität verlor, versäumte es die Ampel-Regierung, konkrete Schritte für die tatsächlichen Opfer historischen Unrechts einzuleiten. Scholz' Zusage vom Juli 2024 blieb offenbar ein leeres Versprechen – ein weiteres Beispiel für die Handlungsunfähigkeit der gescheiterten Koalition.
Merz zwischen historischer Verantwortung und fiskalischer Realität
Bundeskanzler Friedrich Merz befand sich bei der Pressekonferenz in einer delikaten Position. Einerseits bekannte er sich zur historischen Verantwortung Deutschlands: „Die Vergangenheit hört nie auf. Erinnerung und Aufarbeitung werden für uns niemals abgeschlossen sein. Deutschland steht zu seiner historischen Verantwortung." Andererseits wiederholte er die seit Jahrzehnten gültige deutsche Position, wonach die Reparationsfrage „juristisch und politisch seit vielen Jahren abschließend beantwortet" sei.
Diese Haltung mag juristisch korrekt sein, wirkt aber angesichts der konkreten menschlichen Schicksale zunehmend herzlos. Während Deutschland Milliarden für fragwürdige Klimaprojekte und ein 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für Infrastruktur aufbringt – trotz Merz' Versprechen, keine neuen Schulden zu machen –, scheint für die letzten Überlebenden des NS-Terrors kein Geld vorhanden zu sein.
Polens geschickte Verhandlungstaktik
Bemerkenswert ist der Strategiewechsel der polnischen Regierung unter Tusk. Im Gegensatz zur rechtskonservativen Vorgängerregierung, die massive Reparationsforderungen in Billionenhöhe stellte, verfolgt die Mitte-Links-Regierung einen pragmatischeren Ansatz. Statt auf maximale Konfrontation setzt Tusk auf moralischen Druck und konkrete, umsetzbare Forderungen für die noch lebenden Opfer.
Diese Taktik könnte sich als weitaus effektiver erweisen. Während pauschale Reparationsforderungen leicht als politisches Manöver abgetan werden können, lässt sich die Forderung nach individueller Unterstützung für die letzten Überlebenden kaum von der Hand weisen. Tusk weiß genau: Je länger Deutschland zögert, desto peinlicher wird die Situation – und desto weniger Opfer müssen letztendlich entschädigt werden.
Die deutsche Doppelmoral in der Vergangenheitsbewältigung
Die aktuelle Debatte offenbart einmal mehr die Widersprüche deutscher Erinnerungspolitik. Während man sich in Sonntagsreden gerne als Weltmeister der Vergangenheitsbewältigung präsentiert, scheitert man an der konkreten Umsetzung. Die Bundesregierung findet Milliarden für die Ukraine, für Entwicklungshilfe und für die EU – aber wenn es um die direkten Opfer deutscher Verbrechen geht, verweist man auf juristische Spitzfindigkeiten.
Besonders pikant: Während Deutschland seine „ewige Verantwortung" betont, sterben täglich diejenigen, gegenüber denen diese Verantwortung am konkretesten wäre. Es drängt sich der Verdacht auf, dass manche in Berlin insgeheim darauf hoffen, dass sich das Problem durch biologische Lösung von selbst erledigt.
Ein Prüfstein für die neue Regierung
Für Kanzler Merz und seine Große Koalition könnte die Frage der NS-Opfer-Entschädigung zu einem frühen Prüfstein werden. Wird er den Mut haben, über juristische Bedenken hinweg eine humanitäre Geste zu setzen? Oder wird auch er sich hinter Formalitäten verstecken, während die letzten Zeugen einer dunklen Epoche sterben?
Die Zeit drängt – das hat Tusk unmissverständlich klargemacht. Jeder weitere Tag des Zögerns bedeutet, dass Menschen sterben, die ein Leben lang auf ein Zeichen der Anerkennung ihres Leids gewartet haben. In einer Zeit, in der Deutschland bereitwillig Hunderte Milliarden für alle möglichen Projekte ausgibt, wäre es ein Armutszeugnis, ausgerechnet bei den NS-Opfern zu knausern. Die neue Regierung hat die Chance, hier ein Zeichen zu setzen – wenn sie denn den politischen Willen dazu aufbringt.

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