
Verfassungsrichter-Chaos: Wenn die Große Koalition an ihrer eigenen Unfähigkeit scheitert
Was für ein Trauerspiel liefert die neue Große Koalition da ab! Kaum zwei Monate im Amt, und schon zeigt sich, dass CDU/CSU und SPD nicht einmal in der Lage sind, sich auf die Besetzung dreier Richterstellen am Bundesverfassungsgericht zu einigen. Der gestrige Eklat im Bundestag, bei dem alle drei Wahlen kurzerhand von der Tagesordnung genommen wurden, offenbart die ganze Misere dieser Regierung.
Ein Streit um nichts – oder doch um alles?
Im Zentrum des Theaters steht die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf. Die Union wirft ihr Plagiate in ihrer Doktorarbeit vor – ein Vorwurf, der bei genauerer Betrachtung wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt. Die angeblichen "Textidentitäten" zwischen ihrer 1997 erschienenen Dissertation und der Habilitation ihres Ehemannes aus dem Jahr 2000 können schon rein zeitlich kaum ein Plagiat darstellen. Selbst der sogenannte "Plagiatsjäger" Stefan Weber distanzierte sich von den Vorwürfen der CDU.
Doch hier geht es offenbar nicht um wissenschaftliche Redlichkeit. Hier geht es um Macht, um Einfluss und um die Frage, wer künftig in Karlsruhe über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen entscheidet. Die Union nutzt jeden noch so fadenscheinigen Vorwand, um die SPD-Kandidatin zu diskreditieren – ein unwürdiges Schauspiel für eine Partei, die sich gerne als staatstragend inszeniert.
Das Gericht in der Warteschleife
Die Leidtragenden dieses politischen Hickhacks sind die Richter am Bundesverfassungsgericht selbst. Josef Christ, dessen reguläre Amtszeit bereits im November 2024 endete, muss nun weiter kommissarisch im Amt bleiben. Gleiches gilt für Vizepräsidentin Doris König, deren Amtszeit Ende Juni auslief. Beide sind über 68 Jahre alt und hätten sich längst in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden können.
Die Ungewissheit, wann Nachfolger gewählt werden, belastet nicht nur die betroffenen Richter persönlich, sondern auch die Arbeitsfähigkeit des höchsten deutschen Gerichts.
Besonders brisant wird die Situation durch den angekündigten Rücktritt von Richter Ulrich Maidowski, der aus gesundheitlichen Gründen Ende September ausscheiden möchte. Drei vakante Stellen bei insgesamt 16 Richtern – das ist keine Kleinigkeit für ein Gericht, das über die wichtigsten verfassungsrechtlichen Fragen unseres Landes entscheidet.
Der Bundesrat als Notausgang?
Sollte der Bundestag bis Ende August keine Einigung erzielen – und danach sieht es derzeit aus –, könnte erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik der Bundesrat die Wahl übernehmen. Diese erst im vergangenen Jahr eingeführte Regelung war eigentlich als Schutz vor extremistischen Blockaden gedacht. Dass sie nun wegen des Streits zwischen den beiden großen "Volksparteien" zum Einsatz kommen könnte, ist ein Armutszeugnis.
Die parlamentarische Sommerpause, die just zum kritischen Zeitpunkt beginnt, macht die Sache nicht einfacher. Während die Abgeordneten in den Urlaub fahren, tickt die Uhr für das Bundesverfassungsgericht weiter. Eine Sondersitzung? Unwahrscheinlich. Dafür müssten CDU/CSU und SPD über ihren Schatten springen – und dazu scheinen sie derzeit nicht in der Lage.
Die tiefere Krise der politischen Kultur
Was sich hier abspielt, ist mehr als nur ein Streit um Personalien. Es ist ein Symptom für den Zustand unserer politischen Kultur. Die Wahl von Verfassungsrichtern erfordert eine Zweidrittelmehrheit – ein Mechanismus, der eigentlich breiten Konsens und überparteiliche Zusammenarbeit fördern soll. Stattdessen erleben wir kleinkarierte Machtspiele und taktische Manöver.
Dabei sollte gerade die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts über den Parteienstreit erhaben sein. Die Richter in Karlsruhe sind es, die unsere Verfassung schützen und die Politik kontrollieren. Sie brauchen nicht nur fachliche Exzellenz, sondern auch das Vertrauen aller demokratischen Kräfte. Dieses Vertrauen wird durch solche Spektakel nachhaltig beschädigt.
Ein Blick in die Zukunft
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die Große Koalition zu einer konstruktiven Lösung fähig ist. Die Optionen liegen auf dem Tisch: Entweder einigt man sich doch noch auf die bereits im Wahlausschuss mehrheitlich unterstützten Kandidaten, oder man sucht nach neuen Namen. Beides erfordert jedoch etwas, was derzeit Mangelware zu sein scheint: politische Reife und die Bereitschaft zum Kompromiss.
Sollte tatsächlich der Bundesrat die Wahl übernehmen müssen, wäre das ein verheerendes Signal. Es würde zeigen, dass die Bundestagsfraktionen nicht einmal mehr in der Lage sind, eine ihrer vornehmsten Aufgaben zu erfüllen. In Zeiten, in denen das Vertrauen in die Politik ohnehin schwindet, können wir uns solche Blamagen eigentlich nicht leisten.
Die gestrige Absetzung der Richterwahlen ist mehr als nur eine vertane Chance. Sie ist ein Offenbarungseid einer politischen Klasse, die sich lieber in Grabenkämpfen verliert, als ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Das Bundesverfassungsgericht – und mit ihm unsere Demokratie – hat Besseres verdient.

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