
Israels Regierungskoalition wankt: Streit um Wehrpflicht könnte Netanjahu zu Fall bringen
Die israelische Regierung steht vor ihrer womöglich größten Bewährungsprobe seit Amtsantritt. Am Mittwoch stimmt die Knesset über einen Antrag der Opposition zur Parlamentsauflösung ab – ein Schritt, der das politische Schicksal Benjamin Netanjahus besiegeln könnte. Der Zankapfel, der die Koalition zu sprengen droht, ist so alt wie der Staat Israel selbst: die Wehrpflicht für ultraorthodoxe Juden.
Wenn fromme Bündnispartner rebellieren
Was sich in Jerusalem abspielt, gleicht einem politischen Hochseilakt ohne Netz. Die ultraorthodoxen Koalitionspartner, auf deren Unterstützung Netanjahu angewiesen ist, könnten ausgerechnet mit der Opposition stimmen. Die Schas-Partei mit ihren elf Sitzen und das Vereinigte Tora-Judentum mit sieben Mandaten halten das Schicksal der 68-Sitze-Mehrheit in ihren Händen. Sollten sie die Koalition verlassen, wäre Netanjahus Regierung Geschichte.
Der Grund für diese beispiellose Revolte liegt in einem Urteil des Obersten Gerichtshofs vom vergangenen Sommer. Die Richter entschieden, dass die jahrzehntelange Befreiung ultraorthodoxer Männer vom Wehrdienst nicht länger haltbar sei. Ein Schlag ins Gesicht für jene, die ihren frommen Lebensstil durch den gemeinsamen Dienst von Männern und Frauen in der Armee bedroht sehen.
Die bittere Realität des Krieges
Während in den Parlamentsfluren um politische Macht gerungen wird, kämpfen israelische Soldaten seit über einem Jahr im Gazastreifen. Die Armee warnt eindringlich vor einem dramatischen Mangel an kampffähigen Truppen. Es ist eine bittere Ironie: Während säkulare Israelis ihr Leben riskieren, pochen ultraorthodoxe Gruppen auf ihre Sonderrechte. Diese Ungerechtigkeit nagt am gesellschaftlichen Zusammenhalt des Landes.
Die Abstimmung am Mittwoch markiert erst den Anfang eines möglicherweise langwierigen Prozesses. Vier Lesungen müsste der Auflösungsantrag passieren, wobei in der finalen Abstimmung mindestens 61 der 120 Abgeordneten zustimmen müssten. Doch selbst wenn die ultraorthodoxen Parteien zunächst mit der Opposition stimmen sollten, könnte dies lediglich ein taktisches Manöver sein, um Netanjahu zu Zugeständnissen zu zwingen.
Großbritannien greift durch – Israel empört
Als wäre der innenpolitische Druck nicht genug, sieht sich Israel auch international zunehmend isoliert. Großbritannien verhängte Sanktionen gegen die ultrarechten Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir. Der Vorwurf wiegt schwer: Anstiftung zu extremistischer Gewalt und schwerwiegende Verstöße gegen palästinensische Menschenrechte.
Smotrichs Drohung einer "totalen Zerstörung" des Gazastreifens und Ben-Gvirs strikte Ablehnung humanitärer Hilfslieferungen haben offenbar das Fass zum Überlaufen gebracht. Die britische Regierung unter Keir Starmer positioniert sich damit als einer der schärfsten Kritiker der israelischen Politik – ein deutliches Signal, dass die internationale Geduld erschöpft sein könnte.
Ein Land am Scheideweg
Israels Außenminister Gideon Saar bezeichnete die britischen Sanktionen als "empörend" und kündigte eine Sondersitzung der Regierung an. Doch die wahre Empörung liegt möglicherweise woanders: in der Unfähigkeit der politischen Elite, einen tragfähigen Kompromiss in der Wehrpflichtfrage zu finden.
Aktuelle Umfragen deuten darauf hin, dass Netanjahus politische Gegner bei vorgezogenen Neuwahlen die Oberhand gewinnen könnten. Die reguläre Wahl ist erst für Oktober kommenden Jahres angesetzt – doch die Ereignisse der kommenden Tage könnten diesen Zeitplan zur Makulatur werden lassen.
Was sich in Israel abspielt, ist mehr als nur eine Regierungskrise. Es ist der Kampf zwischen zwei unvereinbaren Weltbildern: hier die säkulare Mehrheit, die gleiche Pflichten für alle fordert, dort die ultraorthodoxe Minderheit, die auf ihren religiösen Privilegien beharrt. In Zeiten des Krieges wird dieser Konflikt zur existenziellen Frage für den jüdischen Staat.
Die kommenden Tage werden zeigen, ob Netanjahu sein politisches Überleben noch einmal sichern kann oder ob Israel vor einem politischen Neuanfang steht. Eines ist gewiss: Die Wehrpflichtdebatte wird das Land noch lange beschäftigen – unabhängig davon, wer am Ende die Regierungsgeschäfte führt.
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